Passivhaus Dachgeschossausbau: Unterschied zwischen den Versionen

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== Übersicht ==
== Übersicht ==
Der erste Bauabschnitt der Hauptschule Großkarolinenfeld umfasst mehrere Klassenräume, Verwaltungsräumen sowie eine Turnhalle und  wurde 1981 ohne Unterkellerung errichtet. Beheizt wurde dieser mit einer Stromheizung.  
Das Dachgeschoss der Volkshochschule wurde im Jahr 2008 ausgebaut. Die jährlich anfallenden Betriebskosten der Stadt Bad Aibling für die Gebäudebeheizung konnten durch die Sanierungsmaßnahmen deutlich gesenkt werden. Der Energiebedarf für die Heizung reduzierte sich durch den gezielten Einsatz von Passivhauskomponenten auf ca. 25 % des damals gängigen EnEV-Standards (2007).  
Aus umwelt- und energiepolitischen Gründen macht Strom als Heizenergieträger jedoch wenig Sinn, denn 2/3 der Energie, die im Kraftwerk zur Stromerzeugung benötigt werden, gehen verloren. Nur 1/3 des Aufwandes zur Stromerzeugung kann man nutzen ([[Energieeffizienz]]). Deshalb sind die Kosten für das Heizen mit Strom relativ hoch. Durch die vorgenommenen energetischen Sanierungsmaßnahmen konnte der Jahres-Primärenegiebedarf des ersten Bauabschnitts um ca. 80 % gesenkt werden.


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[[Datei:VHS-AIB.jpg|thumb|Volkshochschule Bad Aibling]]
Datei:Bild noch einfügen.jpg|Volkshochschule Bad Aibling, Vergleich Bestand zu Modernisierung
 
Datei:Bild noch einfügen.jpg|Volkshochschule Bad Aibling, Energie-Verbrauch und -Kosten
[[Datei:VHS_Energiekennzahlen.jpg|thumb|Volkshochschule Bad Aibling, Energieverbrauch im Vergleich]]
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[[Datei:VHS-Wirtschaftlichkeitsanalyse.jpg|thumb|Volkshochschule Bad Aibling, Wirtschaftlichkeitsanalyse]]


== Standort ==
== Standort ==
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== Eckdaten ==
== Eckdaten ==


Der erste Bauabschnitt der Hauptschule Großkarolinenfeld wurde im Jahre 1981 errichtet und beinhaltet neben den Schulräumen auch die Turnhalle sowie diverse Verwaltungsräume. Dieser Gebäudeteil ist nicht unterkellert. Die Beheizung erfolgte bis zur 2010 durchgeführten Modernisierung über eine Stromheizung mit Nachtspeicheröfen, Blockspeicher (für die Erwärmung der Zuluft der Turnhalle) und Direkt-E-Heizungen (im Bereich der Eingangs- und Pausenhalle).
Das viergeschossige Gebäude wurde im Jahr 1989 von der Stadt Bad Aibling für die städtische Volkshochschule umgebaut, die das Erd- und 1. Obergeschoss seitdem nutzt. Im 2. Obergeschoss ist eine Einrichtung für die kindliche Frühförderung untergebracht. Das Dachgeschoss war für einen Ausbau vorbereitet, stand aber leer. Die Decke über dem 2. Obergeschoss zum unbeheizten Dachspeicher wurde bei den früher durchgeführten Umbauarbeiten des damaligen Eigentümers (Stadtwerke Bad Aibling) nicht gedämmt.
Im Jahre 1991 wurde die Schule durch den Bau weiterer Klassenräume erweitert (zweiter Bauabschnitt). Hier wurde im Kellergeschoß eine Ölheizung eingebaut, über welche die neuen Räume beheizt werden.
Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung mit Büros sollten nun Räume für die Musikschule Bad Aibling und eine Einrichtung zur Förderung von Jugendlichen ohne Lehrstelle im Dachgeschoss geschaffen werden.


* Lüftung: mechanisch, automatisch geregelte Lüftungsanlage
* Konstruktion Bestandsgebäude: Mischkonstruktion Stahlbeton- / Mauerwerksbau
* Heizung: Biomasseheizkessel (Pellets/Hackschnitzel) als Ergänzung zum bestehenden Heizölkessel
* Nutzfläche Dachgeschoss: 306 m²
* '''Jahres-Primärenergiebedarf''' des ersten Bauabschnitts im Bestand: '''737''' kWh/m²a Wohn-/Nutzfläche für Heizung, Warmwasser, Hilfs- und Haushaltsstrom berechnet nach PHPP
* Lüftung: Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Wärmepumpe zur Heiz- / Kühlunterstützung
* '''Jahres-Primärenergiebedarf''' des ersten Bauabschnitts '''nach der Sanierung''': '''129''' kWh/m²a Wohn-/Nutzfläche für Heizung, Warmwasser, Hilfs- und Haushaltsstrom berechnet nach PHPP
* Heizung: Gasbrennwert-Kessel (Erdgas) mit Platten-Heizkörpern
* Gesamtkosten: ca. 2,3 Mill. €, davon liegt der gemeindliche Eigenanteil bei ca. 400.000,- €   
* '''Jahres-Primärenergiebedarf''' des Dachgeschossausbaus nach EnEV- Standard 2007 : ca. '''140''' kWh/m² a Wohn-/Nutzfläche für Heizung, berechnet nach PHPP
* '''Jahres-Primärenergiebedarf''' des Dachgeschossausbaus nach der Sanierung: ca. '''24''' kWh/m² a Wohn-/Nutzfläche für Heizung, berechnet nach PHPP
* Kosten: ca. 730,- €/m²  
* Baujahr: 1970
* Baujahr: 1970
* Energetische Sanierung des Dachgeschoss: 2008
* Energetische Sanierung des Dachgeschosses: 2008


== Zielsetzung ==
== Zielsetzung ==


Die Modernisierung umfasste neben der energetischen Sanierung auch brandschutztechnisch notwendige Sanierungsmaßnahmen. Ein Hublift über alle drei Geschosse im Foyer der Hauptschule gewährleistet zukünftig, dass alle öffentlich genutzen Räume barrierefrei erreichbar sind.
Im Auftrag der Stadt Bad Aibling wurde für das gesamte Gebäude ein Energiebedarfsausweis erarbeitet. In diesem Zusammenhang wurde im Rahmen einer Energieberatung untersucht, durch welche energetische Maßnahmen beim Ausbau des Dachgeschosses Einsparpotential gegenüber einem Ausbau mit üblichen Energiestandards besteht.


== Entstehungsgeschichte ==
== Entstehungsgeschichte ==


Aufgrund der schlechten Energiekennwerte der Stromheizung wurde die energetische Modernisierung des ersten Bauabschnitts der Hauptschule Grosskarolinenfeld durch das Konjunkturprogramm II der Bundesregierung gefördert.
Der Dachgeschossausbau sollte im Wesentlichen in Trockenbauweise ausgeführt werden. Der Einbau von dickeren Dämmschichten bedeutet also im Grunde nur erhöhte Materialkosten, da sich die Einbaukosten nicht erhöhen. Auch führen Fensterelemente mit 3- fach Wärmeschutzverglasung nicht mehr zu deutlichen Mehrkosten.  


Augrund dessen wurden folgende energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle durchgeführt:
Zahlreiche Studien der letzten Jahre belegen, dass die Luftqualität in Schulungsräumen während der Heizperiode meist mangelhaft ist. Die „schlechte Luft“ ist nicht etwa durch einen Mangel an Sauerstoff bedingt (wie umgangssprachlich oft vermutet wird), sondern durch einen erhöhten CO2-Gehalt der Raumluft. Dieser wirkt sich oberhalb eines Schwellenwertes zunehmend negativ auf das Konzentrationsvermögen und die Leistungsfähigkeit der Schüler und der Lehrkräfte aus. Eine Fensterlüftung wird von den Nutzern meist nur unzureichend durchgeführt, oft auch im Form von gekippten Fenstern, was lüftungstechnisch unzulänglich und im Hinblick auf Energieverluste äußerst nachteilig ist. Daher ist es nicht überraschend, dass eine Überschreitung der Grenzwerte um ein Vielfaches (!) eher die Regel als die Ausnahme ist.
* Dämmung aller Außenwände
* Dämmung aller Dachflächen von innen
* Erneuerung der Fenster unter Verwendung von 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung
* Austausch der Verglasung bei Außentüren und Fenstern der Pausenhalle durch 3-fach Wärmeschutzverglasung


Zusätzlich wurden folgende energiesparende Maßnahmen bei der Anlagentechnik realisiert:
Die beste Lösung des Problems ist die Ausrüstung der Schulungsgebäude mit mechanischen Lüftungsanlagen. Moderne Anlagen mit bedarfsabhängiger Regelung und hochwertiger Wärmerückgewinnung arbeiten hocheffizient und gewährleisten nicht nur gute Raumluftqualität, sondern können auch erheblich zur Energieeinsparung und damit zum Klimaschutz beitragen.  
* Die alten Elektro- Nachtspeicheröfen und Blockspeicher wurden demontiert und durch eine Spezialfirma entsorgt, da diese gesundheitsschädliche Materialien enthielten.
Eine luftdichte Gebäudehülle sowie eine Komfort-Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sind wesentliche Bestandteile des Passivhaus-Standards.  
* Die Installation einer neuen Heizwärmeverteilung versorgt die Heizkörper in den Klassen- und Verwaltungsräumen sowie die  Deckenheizung in der Turnhalle.
* Die Erneuerung der Lüftungsanlage für die Umkleideräume in der Turnhalle sorgt in Zukunft dank Wärmerückgewinnung, Heizregister sowie Anschluss an den Heizkreis der Heizungsanlage für ein wirtschaftliches Gesamtkonzept.
* Eine weitgehende Erneuerung der Beleuchtung und energetische Optimierung im sanierten Bereich wurde umgesetzt. Die künstliche Beleuchtung wurde in Klassen- und Büroräumen teilweise mit Bestandsleuchten verdichtet oder mit neuen wirtschaftlichen Direkt-Indirekt-Leuchten ausgestattet. Gerade Letztere führen zu einem leichteren Raumeindruck, der die Atmosphäre besonders in den hohen Räumen des Obergeschosses verbessert und die geistige Leistungsfähigkeit der Nutzer erhöht.
* Eine neue Beleuchtungstechnik in der Sporthalle führt zusammen mit der helleren Decke zu einer besonders wirtschaftlichen Beleuchtung. Diese ist in drei Stufen schaltbar und ermöglicht bei Bedarf eine Beleuchtungsstärke von 750 Lux, z.B. für Tischtennis-Wettkampfspiele auf internationalem Niveau.
* Der Einbau mehrerer Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung versorgt die Klassen- und Aufenthaltsräume mit ausreichend Frischluft und reduziert die Lüftungsverluste.
* Der Einbau eines Biomasseheizkessels für den Betrieb mit Pellets oder Hackschnitzel ergänzt den bestehenden Heizölkessel.  


Da der Heizölkessel aufgrund seiner Leistung nicht ausreichte, um beide Bauabschnitte zu versorgen, war ein neuer zusätzlicher Heizkessel erforderlich. Insbesondere im Hinblick auf die Umweltbelastung und die langfristige Verfügbarkeit erschien es sinnvoll, im Zuge dieser Umbauphase zumindest teilweise auf nachwachsende Energieträger umzustellen.


Der Einbau der Lüftungsanlagen stellt eine wesentliche Komponente des Modernisierungskonzeptes dar. Diese versorgt die Klassenräume regelmäßig mit frischer Luft und führt die belastete Luft ab. Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, kann durch diese Maßnahme die Konzentrationsfähigkeit der Lehrer und Schüler deutlich gesteigert werden.  
Dachgeschossausbau mit Passivhaus-Komponenten:
Des Weiteren trägt die Lüftungsanlage zur Energieeinsparung bei, da durch den integrierten Wärmetauscher ein wesentlicher Teil der Wärmeenergie von der Abluft der Zuluft wieder zugeführt werden kann. Die Lüftungsanlage beinhaltet damit für eine Schule ein sehr wichtiges anlagentechnisches Element, welches in jedem Fall Bestandteil eines zukunftsweisenden Modernisierungskonzeptes sein sollte.
* Gebäudehülle: Außenwand Ziegel mit WDVS (U= 0,22 W/(m²K), Dachschrägen (U= 0,14 W/(m²K), Flachdach zum Treppenhaus (U= 0,14 W/(m²K), Decke zum unbeheizten Dachspeicher (U= 0,11 W/(m²K), Fenster Kunststoff mit 3-fach Glas mit Fensterstöcke mit überdämmten Alu-Dämmpaneelen (U= 0,08 W/(m²K), Haustür Holz (U= 1,00 W/(m²K)
* Sonnenschutz: Sonnenschutzglas in Fensterelementen
* Treppenhäuser: Die beiden Treppenhäuser sind beheizt. Deshalb stellen die an diese angrenzenden Wand- und Türflächen keine Wärmeverlustflächen dar.
* Heizung: Gas- Brennwerttherme (Erdgas) für Heizung und Warmwasser; Wärmeverteilung über Plattenheizkörper in den Räumen.
* Warmwasser: Die Trinkwassererwärmung ist in spezifischer Relavanz über elektrische dezentrale Wassererhitzer hygienetechnisch optimal und effizient gelöst.
* Lüftung: Es wurde eine hocheffiziente kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung in Kombination mit einer kompakten Luftwärmepumpe realisiert, die gleichzeitig die Grundlast der Wärmeerzeugung und auch Kühllast teilweise übernimmt. Um die Betriebseffizienz weiter zu optimieren ist die Lüftungssteuerung über CO2 – Sensoren in den Referenzräumen positioniert und lastabhängig geschalten. Für die  Wärmespitzenlastabdeckung und für sporadische Heizanforderungen dient die konventionelle Gasbrennwertheizung über Heizkörper als Wärmeüberträger. Somit sind Hygiene- sowie Effizienz- und Komfortansprüche gleichermaßen hervorragend erfüllt.


== Projektergebnis ==
== Projektergebnis ==


Die Hauptschule Großkarolinenfeld kann jetzt, nach der Modernisierung, zum Großteil mit Biomasse beheizt werden. Nur bei Spitzenlasten wird der Ölkessel zusätzlich notwendig. Der Primärenergiebedarf des ersten Bauabschnitts wurde von ca. '''737''' kWh/m²a ''(100 %)'' im Bestand durch die energetischen Sanierungsmaßnahmen auf ca. '''129''' kWh/m²a reduziert ''(17,5 %)''. Entsprechend hoch ist auch die Verringerung der CO2- Emissionen bei der Gebäudebeheizung und der Vorteil für die Umwelt! Mit der neuen Biomasseheizung wird die regionale Wirtschaft gefördert. Die jährlichen Ausgaben der Gemeinde für die Gebäudebeheizung bleiben in der Region und müssen nicht an ausländische Konzerne fließen.
Wenn das Dachgeschoss wie üblich nach EnEV-Standard 2007 ausgebaut worden wäre, hätte der Endenergiebedarf ca. 140 kWh/m²a betragen.


Bei Gesamtkosten von ca. 2,3 Mill. liegt der gemeindliche Eigenanteil bei ca. 400.000,- €Die Energieberatung prognostizierte eine jährliche Kosteneinsparung von ca. 19.000,- €. Damit konnte aus Sicht der Gemeinde eine hohe Wirtschaftlichkeit für diese Maßnahme erreicht werden.
Mit dem Passivhaus-Projektierungsprogramm (PHPP) wurde ein Energiekennwert Heizwärme für den Dachgeschossausbau von 24 kWh/m²a berechnet. In diesem Zusammenhang wurden auch die Wärmebrücken, insbesondere die Anschlüsse an das Bestandsgebäude, detailliert berechnet. Der Passivhaus-Standard liegt bei 15 kWh/m²a.  
Der Primärenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung des Dachgeschosses der Volkshochschule Bad Aibling im ausgebauten Zustand liegt jetzt bei etwa 34 kWh/m²a.


== Akteure ==
== Akteure ==


* [[Martin Schaub]]
* [[Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater]], [[Großkarolinenfeld]]


== Beteiligte Firmen ==
== Beteiligte Firmen ==


;Planung und Bauleitung
;Planung und Bauleitung
: [[Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater (BAFA)]]
: [[Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater]]
 
;Statik
: [[Philipp Metzger]], [[Neubeuern]]


;Heizung, Lüftung und Sanitär
;Heizung, Lüftung und Sanitär
: Axel Knörr, Dipl.-Ing., UTEO- Ingenierservice GmbH, [[Rosenheim]]
: Ing.-Büro Scheerer TGA, [[Bad Reichenhall]]


;SiGeKo  
;SiGeKo
: [[Ingenieurbüro Kutzner]], [[Riedering]]
: [[Stefan Rossteuscher, Dipl.-Ing. Architekt]], [[Bad Aibling]]


;Blower-Door-Test
;Blower-Door-Test
: [[Ingenieurbüro Kutzner]], [[Riedering]]
: [[Rainer Kutzner]], [[Riedering]]
 
;Elektro
: Hans-Joachim Meyer, [[Tuntenhausen]]


;Energieberatung
;Energieberatung
: [[Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater (BAFA)]]  
: [[Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==


* [[Wikipedia:Passivhaus]]
* [[Wikipedia:Passivhaus]]
* [http://www.projekt.de Projektseiten]
''


[[Kategorie:Projekt]]
[[Kategorie:Projekt]]

Aktuelle Version vom 23. August 2020, 11:04 Uhr

Übersicht

Das Dachgeschoss der Volkshochschule wurde im Jahr 2008 ausgebaut. Die jährlich anfallenden Betriebskosten der Stadt Bad Aibling für die Gebäudebeheizung konnten durch die Sanierungsmaßnahmen deutlich gesenkt werden. Der Energiebedarf für die Heizung reduzierte sich durch den gezielten Einsatz von Passivhauskomponenten auf ca. 25 % des damals gängigen EnEV-Standards (2007).

Volkshochschule Bad Aibling
Volkshochschule Bad Aibling, Energieverbrauch im Vergleich
Volkshochschule Bad Aibling, Wirtschaftlichkeitsanalyse

Standort

Heubergstraße 2, Gemeinde Bad Aibling

Eckdaten

Das viergeschossige Gebäude wurde im Jahr 1989 von der Stadt Bad Aibling für die städtische Volkshochschule umgebaut, die das Erd- und 1. Obergeschoss seitdem nutzt. Im 2. Obergeschoss ist eine Einrichtung für die kindliche Frühförderung untergebracht. Das Dachgeschoss war für einen Ausbau vorbereitet, stand aber leer. Die Decke über dem 2. Obergeschoss zum unbeheizten Dachspeicher wurde bei den früher durchgeführten Umbauarbeiten des damaligen Eigentümers (Stadtwerke Bad Aibling) nicht gedämmt. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung mit Büros sollten nun Räume für die Musikschule Bad Aibling und eine Einrichtung zur Förderung von Jugendlichen ohne Lehrstelle im Dachgeschoss geschaffen werden.

  • Konstruktion Bestandsgebäude: Mischkonstruktion Stahlbeton- / Mauerwerksbau
  • Nutzfläche Dachgeschoss: 306 m²
  • Lüftung: Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Wärmepumpe zur Heiz- / Kühlunterstützung
  • Heizung: Gasbrennwert-Kessel (Erdgas) mit Platten-Heizkörpern
  • Jahres-Primärenergiebedarf des Dachgeschossausbaus nach EnEV- Standard 2007 : ca. 140 kWh/m² a Wohn-/Nutzfläche für Heizung, berechnet nach PHPP
  • Jahres-Primärenergiebedarf des Dachgeschossausbaus nach der Sanierung: ca. 24 kWh/m² a Wohn-/Nutzfläche für Heizung, berechnet nach PHPP
  • Kosten: ca. 730,- €/m²
  • Baujahr: 1970
  • Energetische Sanierung des Dachgeschosses: 2008

Zielsetzung

Im Auftrag der Stadt Bad Aibling wurde für das gesamte Gebäude ein Energiebedarfsausweis erarbeitet. In diesem Zusammenhang wurde im Rahmen einer Energieberatung untersucht, durch welche energetische Maßnahmen beim Ausbau des Dachgeschosses Einsparpotential gegenüber einem Ausbau mit üblichen Energiestandards besteht.

Entstehungsgeschichte

Der Dachgeschossausbau sollte im Wesentlichen in Trockenbauweise ausgeführt werden. Der Einbau von dickeren Dämmschichten bedeutet also im Grunde nur erhöhte Materialkosten, da sich die Einbaukosten nicht erhöhen. Auch führen Fensterelemente mit 3- fach Wärmeschutzverglasung nicht mehr zu deutlichen Mehrkosten.

Zahlreiche Studien der letzten Jahre belegen, dass die Luftqualität in Schulungsräumen während der Heizperiode meist mangelhaft ist. Die „schlechte Luft“ ist nicht etwa durch einen Mangel an Sauerstoff bedingt (wie umgangssprachlich oft vermutet wird), sondern durch einen erhöhten CO2-Gehalt der Raumluft. Dieser wirkt sich oberhalb eines Schwellenwertes zunehmend negativ auf das Konzentrationsvermögen und die Leistungsfähigkeit der Schüler und der Lehrkräfte aus. Eine Fensterlüftung wird von den Nutzern meist nur unzureichend durchgeführt, oft auch im Form von gekippten Fenstern, was lüftungstechnisch unzulänglich und im Hinblick auf Energieverluste äußerst nachteilig ist. Daher ist es nicht überraschend, dass eine Überschreitung der Grenzwerte um ein Vielfaches (!) eher die Regel als die Ausnahme ist.

Die beste Lösung des Problems ist die Ausrüstung der Schulungsgebäude mit mechanischen Lüftungsanlagen. Moderne Anlagen mit bedarfsabhängiger Regelung und hochwertiger Wärmerückgewinnung arbeiten hocheffizient und gewährleisten nicht nur gute Raumluftqualität, sondern können auch erheblich zur Energieeinsparung und damit zum Klimaschutz beitragen. Eine luftdichte Gebäudehülle sowie eine Komfort-Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sind wesentliche Bestandteile des Passivhaus-Standards.


Dachgeschossausbau mit Passivhaus-Komponenten:

  • Gebäudehülle: Außenwand Ziegel mit WDVS (U= 0,22 W/(m²K), Dachschrägen (U= 0,14 W/(m²K), Flachdach zum Treppenhaus (U= 0,14 W/(m²K), Decke zum unbeheizten Dachspeicher (U= 0,11 W/(m²K), Fenster Kunststoff mit 3-fach Glas mit Fensterstöcke mit überdämmten Alu-Dämmpaneelen (U= 0,08 W/(m²K), Haustür Holz (U= 1,00 W/(m²K)
  • Sonnenschutz: Sonnenschutzglas in Fensterelementen
  • Treppenhäuser: Die beiden Treppenhäuser sind beheizt. Deshalb stellen die an diese angrenzenden Wand- und Türflächen keine Wärmeverlustflächen dar.
  • Heizung: Gas- Brennwerttherme (Erdgas) für Heizung und Warmwasser; Wärmeverteilung über Plattenheizkörper in den Räumen.
  • Warmwasser: Die Trinkwassererwärmung ist in spezifischer Relavanz über elektrische dezentrale Wassererhitzer hygienetechnisch optimal und effizient gelöst.
  • Lüftung: Es wurde eine hocheffiziente kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung in Kombination mit einer kompakten Luftwärmepumpe realisiert, die gleichzeitig die Grundlast der Wärmeerzeugung und auch Kühllast teilweise übernimmt. Um die Betriebseffizienz weiter zu optimieren ist die Lüftungssteuerung über CO2 – Sensoren in den Referenzräumen positioniert und lastabhängig geschalten. Für die Wärmespitzenlastabdeckung und für sporadische Heizanforderungen dient die konventionelle Gasbrennwertheizung über Heizkörper als Wärmeüberträger. Somit sind Hygiene- sowie Effizienz- und Komfortansprüche gleichermaßen hervorragend erfüllt.

Projektergebnis

Wenn das Dachgeschoss wie üblich nach EnEV-Standard 2007 ausgebaut worden wäre, hätte der Endenergiebedarf ca. 140 kWh/m²a betragen.

Mit dem Passivhaus-Projektierungsprogramm (PHPP) wurde ein Energiekennwert Heizwärme für den Dachgeschossausbau von 24 kWh/m²a berechnet. In diesem Zusammenhang wurden auch die Wärmebrücken, insbesondere die Anschlüsse an das Bestandsgebäude, detailliert berechnet. Der Passivhaus-Standard liegt bei 15 kWh/m²a. Der Primärenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung des Dachgeschosses der Volkshochschule Bad Aibling im ausgebauten Zustand liegt jetzt bei etwa 34 kWh/m²a.

Akteure

Beteiligte Firmen

Planung und Bauleitung
Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater
Heizung, Lüftung und Sanitär
Ing.-Büro Scheerer TGA, Bad Reichenhall
SiGeKo
Stefan Rossteuscher, Dipl.-Ing. Architekt, Bad Aibling
Blower-Door-Test
Rainer Kutzner, Riedering
Energieberatung
Martin Schaub, Dipl.-Ing. Architekt + Energieberater

Weblinks